DER HALS DER GIRAFFE
Theater am Alten Markt (TAM)
Premiere 26.09.13 // ZUM LETZTEN MAL 03.07.14
»Nein, diese Kinder hier kamen ihr wirklich nicht vor wie Diamanten auf der Krone der Evolution. Entwicklung war etwas anderes als Wachstum. Dass qualitative und quantitative Veränderung weitestgehend unabhängig voneinander geschah, wurde hier erschreckend eindrücklich demonstriert.« Seit über drei Jahrzehnten unterrichtet Inge Lohmark Biologie. Doch die Kleinstadt schrumpft, der Nachwuchs fehlt ...
»Nein, diese Kinder hier kamen ihr wirklich nicht vor wie Diamanten auf der Krone der Evolution. Entwicklung war etwas anderes als Wachstum. Dass qualitative und quantitative Veränderung weitestgehend unabhängig voneinander geschah, wurde hier erschreckend eindrücklich demonstriert.« Seit über drei Jahrzehnten unterrichtet Inge Lohmark Biologie. Doch die Kleinstadt schrumpft, der Nachwuchs fehlt und das Charles-Darwin-Gymnasium soll in vier Jahren abgewickelt werden. Die letzten Jahrgänge sitzen mit leeren Augen vor ihrer Lehrerin. Einige Kollegen werden deswegen von geradezu zärtlicher Nachgiebigkeit heimgesucht. Nicht so Inge Lohmark: »Zum professionellen Verhältnis gehört keine Nähe, kein Verständnis«. »Survival of the fittest« ist das Einzige, was für sie zählt. Wie die Natur, so hat auch die Schule einzig und allein dem Leistungsprinzip zu gehorchen. Doch das scheint ja wieder mal niemand wahrhaben zu wollen. Inge Lohmark sieht sich umzingelt von inkompetenten Kollegen und minderbemittelten Schülern und bekriegt starrsinnig die vollkommene Verblödung ihrer Umwelt. Eine Saurierin der alten Schule, vom Aussterben bedroht, aber voller Kampfesgeist. Ihr biologistisch-neoliberales Weltbild entlarvt sich allerdings mehr und mehr als Vermeidungsstrategie, um sich nicht mit dem eigenen Leben auseinandersetzen zu müssen. Lohmarks Mann betreibt eine Straußenfarm und verbringt seine gesamte Zeit mit den riesigen Vögeln. Die beiden sprechen kaum noch. Die gemeinsame Tochter ist vor Jahren in die USA ausgewandert, der Kontakt nur noch sporadisch. Es gibt nichts und niemanden mehr, der Inge Lohmarks starres Weltbild ins Wanken bringen könnte. Bis sie auf die Neuntklässlerin Erika trifft. Unter gar keinen Umständen sollte das Mädchen anders behandelt werden als die anderen hoffnungslosen Gestalten ohne Verstand und Zukunft. Und doch geht es nicht anders. Sie mag Erika! Vielleicht sogar ein wenig zu sehr … Judith Schalanskys Bestseller Der Hals der Giraffe trägt den ironischen Untertitel »Bildungsroman«. Es ist der innere Monolog einer wunderbar-grausamen und mindestens ebenso anrührenden Figur. Ein anti-darwinistisches Manifest.
- Inszenierung Ronny Jakubaschk
- Bühne und Kostüme Anna Sörensen
- Dramaturgie Franziska Betz
- Regieassistenz Lena Hesse
- Abendspielleitung Antje Geissel
- Abendspielleitung Lena Hesse
- Inge Lohmark Carmen Priego