KlangKörperInstallation

Konzept für eine KlangKörperInstallation (2021)

Seit über dreißig Jahren drehen wie Musikdokumentationen, vor allem für das europäische Fernsehen. Immer wieder stellten wir das taktile sinnliche Moment des Musizierens in den Fokus unserer Aufnahmen. Wir rückten mit unseren Kameras sehr nah genau an die Stellen heran, an denen die körperliche Geste und Bewegung der Musiker sich in Klang übersetzt, der Bogen über die Saite streicht, die kleinsten Bewegungen der Finger oder der Lippen die Gestalt und die Vibration des Tones verändern.

Ich habe in einem 15-minütigen Trailer Ausschnitte aus unseren Filmen mit Jordi Savall, dem Ensemble Intercontemporain, Ligeti und Lachenmann zusammengestellt. Jede aktive Musikerin weiß sofort, wovon die Rede ist, wenn ich von der Körperlichkeit der Klangproduktion spreche, auf die wir hier abzielen.

Was ich nun vorhabe, wäre ein zum Beispiel 12-köpfiges Ensemble in dieser Weise zu filmen (also vor allen Dingen sehr nahe Einstellungen – aber sehr sorgfältig ausgeleuchtet und mikrophoniert) – und diese 12 Perspektiven auf die 12 Musiker in einer Video-Klang-Installation gleichzeitig zu zeigen. Ich stelle mir es so vor, dass in einem großen abgedunkelten Raum 12 semitransparente Leinwände hängen, auf denen man das Bild von beiden Seiten sehen kann. Die Leinwände sind so aufgehängt, dass man in dem Raum wie in einem Labyrinth umherwandern kann. Auf jede Leinwand wird die Aufnahme je eines Musikers projiziert, zusammengenommen ergeben alle Aufnahmen von allen 12 Musikern und Leinwänden einen ganzen Körper, der sich aus seinen Detailausschnitten zusammensetzt (Was man sonst im Filmschnitt zeitlich hintereinander montiert, zeigt diese Installation gleichzeitig). Jeder Leinwand ist ein Lautsprecher vor allem mit dem Klang je eines Musikers zugeordnet. Die 12 auf diese Weise im Raum verteilten 12 Lautsprecher vereinen sich zu dem Klang des Musikensembles, das man landläufig ja auch „Klangkörper“ nennt, nur dass die Zuschauerinnen und Zuschauer in diesem Körper aus Klängen herumlaufen können – in ihm sein können, Teil von ihm sein können, da sowohl Klang als auch Bild sie nicht von vorne, von einer Bühne konfrontiert, sondern sie als Hörende umgibt – und einverleibt.

Für diese „KlangKörperInstallation“ können eigens neue Stücke komponiert werden, es können Werke der Moderne oder auch Alte Musik eingespielt werden – und es ist auch eine Kombination mit in der Installation live auftretenden Musikern möglich. Zum Beispiel könnte der Instrumentalpart einer Komposition über die Leinwände und Lautsprecher eingespielt werden, während ein Chor oder Vokalensemble live in der Installation singt.
Während seiner fellowship am Berliner Wissenschaftskolleg hatte ich mich auch einige Male mit dem spanischen Komponisten Alberto Posadas über die Möglichkeiten und Herausforderungen dieser Installation unterhalten, die unter anderem in seine jüngste Komposition „ubi sunt“ eingeflossen ist. Hier war die Idee, 12 der 24-stimmigen doppelchörigen Komposition über die Leinwände einzuspielen und 12 Stimmen live singen zu lassen.

Filme zum Thema:
Jordi Savall - Virtuose der Gambe
Kino für die Ohren - Die musique concrète von Francis Dhomont und Paul Lansky
... zwei Gefühle ... von Helmut Lachenmann
Musik für tausend Finger - Der Komponist Conlon Nancarrow
Wenn Zahnräder Menschen sind ... - Das Klavierkonzert von György Ligeti
Dulab Alpaloma - Improvisation in Form eines Reigens über die Melodie "La Paloma" von Sebastian Yradier für 15 Musiker*innen aus Berlin

Musiken des Trailers

1. Jordi Savall - M. de Sainte-Colombe - Gambe solo - Krakau 2004
2. Francis Dhomont - Un autre printemps - Elektroakustik - Montréal / Canada 2000
3. Helmut Lachenmann - ...zwei Gefühle ... / Musik mit Leonardo - Kammerensemble Neue Musik (Peter Rundel) - Berlin / Deutschland 1998
4. Conlon Nancarrow - Studie für Playerpiano - Selbstspielendes Klavier - Mexiko City 1993
5. György Ligeti - Konzert für Klavier und Orchester - Ensemble Intercontemporain (Pierre Boulez) - Paris 1996

Cast & Crew

Regie
Uli Aumüller