Deathfragments Büchner 23 years old

Der japanische Noise-Künstler Furudate seziert Georg Büchners Textkorpus

Resümee

Einige Themen tauchen immer wieder in Büchners Schriften auf:
1) Der Tod
Obwohl er nicht vermuten konnte, dass er so jung sterben würde, beschreiben seine Texte sehr oft Szenen, die den Tod betreffen, in einer Weise, in der jede junge Generation sich danach sehnt, den Tod zu umarmen.
2) Klänge
Welche Klänge aus den Tiefen der Erde hat er gefürchtet?
3)
Büchner beschreibt den Tod und die Klänge mit dem Vokabular der aufgehenden Psychoanalyse des 19. Jahrhunderts.
Ich möchte die literarischen Todesbeschreibungen Büchners mit seinem eigenen Sterben vergleichen, wie es in dem Tagebuch von Caroline Schulz aufgezeichnet ist.

Ich möchte den Klang und Widerhall Oberlins Stimme in Lenz’ Kopf wiedererschaffen.

Ich frage mich, ob Oberlins Verhalten Lenz gegenüber gut oder schlecht, falsch oder richtig war. Es erinnert mich an die tragische Korrespondenz zwischen Artaud und Riviére.

Zum zweiten Mal nach 2008 ist das Theater Bielefeld als Spielort einer Uraufführung ausgewählt worden, die im Rahmen des »Fonds Experimentelles Musiktheater« stattfindet, einer gemeinsamen Initiative der Kunststiftung NRW und des NRW KULTURsekretariats. Ziel des Fonds ist es, ungewöhnliche Musiktheaterformate durch Kooperationen fester Häuser und freier Gruppen zu entwickeln. Die in diesem Jahr für Bielefeld ausgewählte Produktion setzt sich auf experimentelle Weise mit einer Figur auseinander, die zu ihrer Zeit selbst ein Experimentator war, ein Zeitgenosse der Zukunft: Georg Büchner.

Im Deutschland des frühen 19. Jahrhunderts trat mit Büchner ein Dichter von fast unheimlicher Hellsichtigkeit auf den Plan. Seine Werke lassen einen staunen, wie weit die »Antennen« dieses bis zu seinem Tod jungen Mannes – Büchner starb schon mit 23 Jahren – reichten: Noch heute klingt seine Sprache und wirken seine Figuren modern, zeitgemäß, beklemmend und aufrüttelnd.

Ausgehend vom Fragmentcharakter der Sprache Büchners setzen Tetsuo Furudate und Edwin van der Heide Büchners Texte auf eine Art in Szene, die zunächst einmal quer zu gewohnten Vorstellungen von »Dramatik« steht. Büchner kommt nicht im »stimmigen« Zusammenwirken von schauspielerischer Aktion, dramatischer Rezitation, Bebilderung und Lichtregie auf die Bühne. Death fragments ist vielmehr eine Komposition aus Sprache, elektronischer »Noise Music«, Licht und Bewegung, in der all diese Komponenten zunächst ihren eigenen Gesetzen folgen. Wenn sie sich dann im Raum und in der speziellen Aufführungssituation begegnen, entfalten sie ihre ganz eigene poetische Kraft: Einander ergänzend, ignorierend, sich reibend.

Das Team um den japanischen Klangkünstler Tetsuo Furudate, der für das Konzept, die Textbearbeitung und die Komposition verantwortlich ist, hat einen ganz eigenen, faszinierenden Weg gefunden, das Verhältnis von Sprache, Musik, Aktion, Raum und Licht neu zu befragen.

Cast & Crew

Regie
Uli Aumüller
Musik
Tetsuo Furudate