Andreas Scholl Interview 2002

Andreas Scholl erzählt aus seinem Leben ...

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ANDREAS SCHOLL: Im Alter von sieben Jahren habe ich bei den Kiedricher Chorbuben angefangen zu singen. Das ist ein Knabenchor mit mehr als 650-jähriger Tradition, so weit ich weiß der zweitälteste Chor in Deutschland. Dieser Chor hat eine Tradition gregorianischen Choral zu singen, und also jeden Sonntag seit 650 Jahren wird dort ein lateinisches Hochamt gesungen, im sogenannten Mainzer Dialekt. Das ist also eine spezielle Form des gregorianischen Chorals, die etwas freudiger klingt und weniger mönchshaft meditativ, wenn man das so laienhaft ausdrücken darf, aber das kommt der Sache schon recht nahe. Und dort gab es jeden Tag eine Gesangsstunde im Chor und jede Woche eine Einzelstunde Stimmbildung, und ich glaube das ist ganz wichtig für eine Stimmentwicklung, das hat sich im Gesang noch nicht so durchgesetzt, bei den Instrumenten weiß man, wenn sie im Alter von 4 5 Jahren anfangen ein Instrument zu spielen, das Lernen ist sehr instinktiv, die Auffassungsgabe sehr schnell, man imitiert sehr schnell, und wenn der Lehrer eben einen guten Einfluß hat, kann dann ein Kind sehr gute Fortschritte machen. Und so war das bei uns im Knabenchor auch, also mit 8 - 9 Jahren natürlich dann seriöse Stimmbildung zu genießen, das ist natürlich eine tolle Sache, und so hat sich, glaube ich, auch das, was ich heute so an Technik instinktiv gebrauche, in dieser Zeit gebildet, mit viel weniger Mühe viel weniger Aufwand als das dann heute notwendig ist, wenn ich jetzt heute selbst unterrichte und sehe, es gibt irgendwie Probleme, einem 23-jährigen Sänger noch Sachen zu korrigieren, das ist sehr schwer. Wohingegen wenn Leute im Kindesalter gut und gesund gesungen haben, dann profitieren die ihr ganzes Leben lang davon.

Interview

Cast & Crew

Regie
Uli Aumüller